ehem. Leinstraße, Hannover
Auftraggeber*innen
1816–1837: Adolph Friedrich Herzog von Cambridge (1774–1850) und seine Ehefrau Auguste, Prinzessin von Hessen (1797–1889)
Bauzeit 1829–1833
1752 Errichtung als dreigeschossiges Palais im spätbarocken Stil
ab 1817 Umbau, Erweiterungen und Innenausbau durch Laves
Nachnutzung
nach 1853 Königliche Privatbibliothek, Waffensammlung, Münzkabinett,
Cumberlandsche Verwaltung
1941–43 Stadtgeschichtliche Abteilung des Vaterländischen Museums
Abriss nach Zerstörung im II. Weltkrieg (heute Hannah-Arendt-Platz und
Niedersächsisches Sozialministerium)
Gegenüber dem Leineschloss befand sich das Palais an der Leinstraße, ab etwa 1853 Altes Palais genannt. Es diente als Hauptwohnsitz und enthielt sowohl Wohn- als auch Gesellschaftsräume. Der Umbau begann 1817 mit dem Treppenhaus, es folgten 1818–1837 Vorsaal, Speisesaal, Essgalerie, Marmor- und Tanz-Saal sowie die Ausstattung von weiteren Räumen. Ab 1837 wurden die Appartements für König Ernst-August im Erdgeschoss und für Königin Friederike im Obergeschoss eingerichtet.
Die von Laves ausgestatteten Wohn- und Gesellschaftsräume dokumentieren zeitgenössische Wohnvorstellungen und die Geschmacksvorlieben des Hochadels. In den privaten königlichen Gemächern war der Repräsentationsanspruch gegenüber den Zeremonial- und Festräumen deutlich zurückgenommen. Biedermeiermobiliar mit furnierten Oberflächen und geschnitztem Dekor bestimmte das Bild.
Palais an der Leinstraße, Ansicht von der Leinstraße – Fotografie um 1900; Privatbesitz
Raumbestimmend sind der dicht gemusterte Spannteppich, die kräftige blaugestreifte Wandbespannung und die – ein Kuppelgewölbe vortäuschende – Deckenmalerei. Die Raumausstattung entstand nach Laves’ Vorgaben. Von dem stilistisch heterogenen Mobiliar lassen sich möglicherweise nur die beiden rot gepolsterten Stühle dem Hofarchitekten zuweisen.
Dunkelblaues Zimmer im Palais an der Leinstraße
(Blick von der Fensterseite)
wohl J. H. Wilhelm Kretschmer, um 1845, Aquarell und Gouache;
Historisches Museum Hannover
Die hier gezeigten Teile einer ursprünglich wohl umfangreicheren Garnitur entstanden im Auftrag der Herzogin von Cambridge für das Palais an der Leinstraße. Auffällig sind die schneckenförmig eingerollten Armlehnstützen, die auf niedrigen Sockeln ruhen. Betrachtet man die Sitzmöbel von der Seite, so zeigt sich ein fließender Übergang vom Sitzrahmen zur Rückenlehne und zu den Hinterbeinen. Dies ist typisch für englische Stühle. Für die Vorderbeine wählte Laves gedrechselte Formen. Zu dem Kanapee hat sich der Entwurf von Laves erhalten.
Stuhl, Sessel
und Kanapee
G. L. F. Laves, um 1820, Buche, geschnitzt, gedrechselt, hell gefasst und partiell vergoldet, Schmuckformen: Kompositmasse, Polsterung erneuert, das Kanapee in seiner Breite verkürzt;
Historisches Museum Hannover