Wohnhaus Laves

Friedrichswall 5 (ehem. Friedrichstraße), Hannover

Auftraggeber*innen

G. L. F. Laves (1788–1864) und seine Ehefrau Wilhelmine, geb. Kestner (1803–1855)  

Bauzeit 1822–1827
1827 Aufstockung der Hofseite
ab 1852 Bau des nebenliegenden Atelier- und Wohnhauses für Sohn George

Nachnutzung  
nach 1908 städtischer Wohn- und Verwaltungsbau
seit 1996 im Besitz und seit 1998 Sitz der Architektenkammer Niedersachsen

Das Grundstück an der Friedrichstraße hatte 1821 der Archivrat und Bankier Georg Kestner erworben. Nachdem  G. L. F. Laves dessen Tochter Wilhelmine 1822 geheiratet hatte, vermachte er es dem jungen Paar. Laves ging sogleich an den Entwurf des dreigeschossigen klassizistischen Putzbaus.

Die Familie Laves bewohnte das Dachgeschoss – zu dem eine eigene Treppe führte – mit Salon, Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmern sowie der Küche. Die beiden unteren Geschosse waren vermietet. Vom Haupteingang erreichte man über Flur, Vestibül und Halle das repräsentative Haupttreppenhaus. In der Beletage (»schönes Geschoss« = I. Etage) befanden sich zur Straße hin ein zentraler Salon mit Balkon und zwei Wohnzimmer. Zur Ausstattung gehörten Parkettfußböden, stuckierte Decken mit Dekorationsmalereien und Kachelöfen. Erhalten blieben in Teilen die Grundstruktur des Gebäudes wie auch einzelne Ausstattungselemente.

G. L. F. Laves, Wohnhaus   Laves; Historisches Museum Hannover (Foto: Reinhard Gottschalk, 2015).

Die Familien Laves, Kestner und Jussow

G.  L.  F. Laves heiratete am 23. Mai 1822 Wilhelmine, die Tochter des königlich-hannoverschen Archiv-Sekretärs und Bankiers Georg Kestner und seiner Ehefrau Henriette, geb. Partz. Als typische Repräsentanten des gehobenen Bürgertums zählten die Kestners zu den so genannten »hübschen Familien«, die bei Hofe zugelassen waren. Die Männer wirkten vor allem als Staatsbeamte für das Königreich Hannover. Hofrätin Charlotte Kestner (geb. Buff) – die Goethe als Lotte in seinem Werk »Werther« verewigte – führte als Salonière ein offenes Haus für  Geisteswissenschaftler, Dichter und Musiker. Unter den Kestners gab es auch Kunstsammler, wie August Kestner, dessen Sammlung den Grundstock des Museum August Kestner bildet.

Laves erhielt verschiedentlich Fürsprache und Unterstützung nicht nur durch Mitglieder der Familie Kestner. Prägend dürften auch die Baumeister in der Familie Laves gewesen sein. Sein Onkel Heinrich Christoph aus der Familienlinie der Jussows hat ihn besonders gefördert.

Recherche und Zusammenstellung: Dr. Anne-Viola Siebert unter Einbeziehung von verschiedenen Vorlagen

Porträtreproduktionen von Originalen aus dem Besitz von Erika Uhlig, Alpen, aus dem Historischen Museum Hannover sowie von Bildmaterial aus dem Stadtarchiv Hannover (NL Kokkelink 3 NL 518, HBS Nr. 3079)

Dieser Wandspiegel stammt aus Laves’ Wohnhaus. Typisch für solche mittelgroßen, von Laves entworfenen Spiegel sind der von der Architektur abgeleitete Aufbau und die reiche Verwendung von Zierformen aus der Antike (Schmuckleisten und Rosetten). Laves’ Entwurf zu diesem Spiegel hat sich erhalten und zeigt, dass dieser ursprünglich wohl eine Bekrönung besaß, die sich aber nicht erhalten hat.

Wandspiegel

G. L. F. Laves, nach 1822/1824, Nadelholz, vergoldet und in jüngerer Zeit bronziert, Spiegelglas; Privatbesitz

Entwurf zu einem
Wandspiegel 

G. L. F. Laves, 1820/30, Bleistift und    Feder; StadtAH, 3 NL 190 Laves-Nr. 6949

Der Blumentisch, auch als Jardinière (deutsch: Gärtnerin) bezeichnet, diente der Präsentation von lebenden Pflanzen in einem Wohnraum. Seit dem Empire erfreute sich dieser Möbeltyp großer Beliebtheit, da seit dieser Zeit vermehrt Pflanzenschmuck für Innenräume in Mode kam. Solche allansichtigen Tische standen frei in einem Zimmer und wurden auch mit Vogelkäfigen und kleinen Aquarien kombiniert. Der Metalleinsatz sorgte dafür, dass keine Feuchtigkeit austrat. Ein identisches Möbelstück befand sich einst in Laves’ Wohnhaus.

Jardinière (Blumentisch)

G. L. F. Laves zugeschrieben, 1820/1840, Nadelholz (Blindholz), Mahagoni       (Furnier), Beschläge: vergoldete Bronze;
Privatbesitz

Den Biedermeier-Stuhl entwarf Laves zusammen mit weiteren Möbeln für die Ausstattung seines Hauses an der Friedrichstraße (heute: Friedrichswall). Vier dieser Stühle befanden sich gegen 1900 – wie Fotos belegen – in einem Wohnzimmer des Hauptgeschosses, das nach dem Tod der Eltern Laves’ Sohn George bewohnte. Ursprünglich standen die Stühle jedoch im zweiten Obergeschoss, in dem Laves mit seiner Familie lebte. Die Hauptetage hatte der Architekt zu Lebzeiten stets vermietet.

Stuhl 

G. L. F. Laves, nach 1822/1824, Nussbaum (Blindholz), Mahagoni (Furnier und Massivholz), Polsterung erneuert;
Historisches Museum Hannover

Die um 1900 aufgenommene Fotografie zeigt den repräsentativsten Raum der Beletage – den Salon mit hohen, doppelflügeligen und kassettierten Türen, die zu den angrenzenden Wohnzimmern vermittelten. Um 1900 bewohnte Laves’ Sohn George (1825–1907) die Räume. Der parkettierte Fußboden mit geometrischem Muster und die Decke mit    Dekorationsmalerei gehen noch auf Laves’ Entwurf zurück. Das auf der Fotografie zu erkennende    Mobiliar unterschiedlichen Alters stammt wohl nur zum geringsten Teil aus Laves’ Wohnung im Obergeschoss. Lediglich der Blumentisch (Jardiniere) am rechten Bildrand lässt sich Laves zuweisen.

Auf der zweiten Fotografie, ebenfalls um 1900, ist eines der beiden Wohnzimmer der Beletage zu sehen. Der parkettierte Fußboden und die Deckengestaltung stammen wohl noch aus der Erbauungszeit. Unter den Möbeln befinden sich auch solche, die Laves ursprünglich für die eigene Wohnung im Obergeschoss entworfen hatte: das vor der Wand stehende Kastensofa und die vier um einen Tisch herum gruppierten Stühle.